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Schäubles Kämpfchen gegen Steueroasen Der Aktionismus-Plan

Nach den Panama-Enthüllungen soll es ganz schnell gehen: Der Bundesfinanzminister hat einen Zehn-Punkte-Plan gegen Steueroasen und Geldwäsche angekündigt. Doch viele seiner Vorhaben sind alt, unrealistisch oder wenig wirksam.
Bundesfinanzminister Schäuble

Bundesfinanzminister Schäuble

Foto: Kay Nietfeld/ dpa

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble setzt beim Thema Steueroasen auf internationalen Austausch und Vernetzung: "Wir brauchen weltweit völlige Transparenz", forderte der CDU-Politiker am Wochenende. Und er hat einen Plan, von dem er seine Kollegen aus aller Welt noch in dieser Woche überzeugen will, bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington.

Der Titel: "Steuerbetrug, trickreiche Steuervermeidung und Geldwäsche konsequent bekämpfen". Der Inhalt: Viele alte Ideen neu formuliert - und ein paar wenige wirklich umsetzbare Vorschläge.

Zehn Punkte umfasst Schäubles Aktionsplan; wer genau hinsieht, erkennt aber: In dem Papier steckt mehr Aktionismus als Plan.

1. Weil Panama bei den aktuellen Veröffentlichungen über Offshore-Geschäfte im Mittelpunkt steht, beginnt Schäubles Papier mit einer Drohung an den kleinen Staat: "Wenn Panama nicht rasch kooperiert, werden wir dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten."

Wirkung: gering. Panama wird kaum einlenken, solange das Land nicht international vollkommen isoliert ist. Zudem beteiligen sich auch andere Staaten, wie beispielsweise die USA (siehe Punkt 3) nicht oder nur teilweise am geplanten Informationsaustausch.

2. Die "schwarzen Listen" der bei Steuerbetrug und Geldwäsche unkooperativen Länder sollen international vereinheitlicht werden. Koordinieren soll das die Industrieländerorganisation OECD.

Wirkung: sehr gering. Eine OECD-Liste existiert schon seit Langem - aber für die genannten Steueroasen ist es auch recht einfach, wieder gestrichen zu werden. Deutschland nennt derzeit übrigens nicht ein einziges Land . Zudem scheint es unrealistisch, dass sich weltweit alle Staaten auf eine Liste einigen - schließlich gelten auch einige US-Bundesstaaten als Steuerparadiese.

3. Möglichst alle Staaten und Gebiete der Welt sollen beim von der OECD vereinbarten automatischen Informationsaustausch mitmachen, der 2017 beginnt.

Wirkung: mäßig. Schon jetzt gelten Ausnahmen für viele Entwicklungsländer, auch die USA nehmen nicht teil (haben aber ähnliche Abkommen mit anderen Ländern geschlossen) und einige Steuerparadiese wie eben Panama, Bahrain, Nauru oder Vanuatu lehnen das Vorhaben bisher ab.

4. Der automatische Informationsaustausch soll durch die OECD überwacht werden. Die Organisation soll zudem "wirksame Sanktionen für nachlässige oder nicht kooperierende Staaten" entwickeln".

Wirkung: mäßig (siehe Punkt 3). Dazu müssten überhaupt erst alle Staaten sich zum automatischen Informationsaustausch verpflichten - ohne Ausnahmen.

5. Ein Register der wirtschaftlich Berechtigten von Firmen soll "die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter" machen. Mit der vierten Anti-Geldwäsche-Richtlinie hat die EU ein solches Register bereits vereinbart, die EU-Staaten müssen die Richtlinie bis 2017 umsetzen.

Wirkung: gering. Gerade das Bundesfinanzministerium hat beim EU-Transparenzregister lange gebremst und dem aktuellen Entwurf zufolge sollen auch nur jene Einblick bekommen, die ein "berechtigtes Interesse" nachweisen können. Für die Öffentlichkeit, also interessierte Bürger, Journalisten oder Nichtregierungsorganisationen bliebe der Zugang wohl weitgehend versperrt.

6. Nationale Register sollen weltweit vernetzt werden. Im Gegenzug zu den begrenzten Zugriffsmöglichkeiten laut EU-Richtlinie sollen die Register laut Schäubles Plan auch Nichtregierungsorganisationen und Fachjournalisten offenstehen. Steuerverwaltungen sollen Zugriff auf Geldwäscheregister bekommen, wie dies in Deutschland bereits geplant ist. Umgekehrt erwartet der Bundesfinanzminister dafür, dass diese "die Ergebnisse ihrer Recherchen auch den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen".

Wirkung: sehr gering. Schon allein die Einigung auf gemeinsame Standards dürfte scheitern. Immerhin: Auch bei der Frage, wer Einblick haben darf hat Deutschland bisher blockiert.

7. Anbieter von Steuersparmodellen sollen in Deutschland dazu verpflichtet werden, diese den Steuerbehörden offenzulegen.

Wirkung: gering. Die G20-Länder haben in einem eigenen Aktionsplan gegen Steuertricks von Großkonzernen entsprechende "Offenlegungsregelungen für aggressive Steuerplanungen" bereits beschlossen. Außerdem ist fraglich, ob die Anbieter in Deutschland überhaupt verpflichtet werden können, sich (immerhin legale) Steuersparmodelle genehmigen zu lassen.

8. Schäuble erwägt, deutsche Unternehmen, die sich in Steueroasen engagieren, zu bestrafen - zum Beispiel mit der Streichung steuerlicher Abzugsmöglichkeiten.

Wirkung: gering. Bisher scheitert eine wirksame strafrechtliche Verfolgung häufig am Nachweis persönlichen Verschuldens. Ob es gelingt, die Unternehmen selbst stärker zur Verantwortung zu ziehen, ist fraglich.

9. Schäuble will erreichen, dass die Verjährung von Steuerhinterziehung erst einsetzt, wenn ein Steuerpflichtiger auch seine Anlagen im Ausland gemeldet hat.

Wirkung: hoch. Sollte der Bundesfinanzminister sich mit dem Vorschlag durchsetzen, wäre das eine wirksame Drohung gegen Steuerhinterzieher - niemand könnte mehr auf Straffreiheit hoffen, wenn er seine Auslandskonten nur lange genug verschweigt.

10. In Deutschland will Schäuble den Kampf gegen Geldwäsche verstärken, auch außerhalb der Finanzbranche.

Wirkung: gering. Dafür sind die Bundesländer zuständig, auf die das Bundesfinanzministerium keinen direkten Zugriff hat. Zudem weisen Kritiker seit Langem darauf hin, dass Deutschland international geradezu als Geldwäscheparadies gilt - allein in der Bau- und Immobilienbranche sollen Milliarden gewaschen werden.

Fazit: Der Zehn-Punkte-Plan enthält gute Ansätze, allerdings sind einige der Regulierungen bereits geplant oder auf dem Weg und viele weitere - wie schon in der Vergangenheit - international kaum umsetzbar und damit so gut wie wirkungslos. Teilweise gehörte gerade Deutschland bisher eher zu den Bremsern - mit dem Plan gibt Schäuble seinen Widerstand gegen strengere Regeln zumindest ein Stück weit auf.

Im Video: Banken wehren sich gegen Kritik wegen Steueroasen

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