Rolf Wobbe begründet Streichung von Potenzialflächen im Zusammenhang mit Oberbillwerder

Rede von Rolf Wobbe- Regionalpolitischer Sprecher für die Vier- und Marschlande der Fraktion GRÜNE - in der Bezirksversammlung Bergedorf am 23.02.2017 "Werter Herr Vorsitzender, meine Damen, meine Herren, ...   (pdf)

03.03.17 –


Rolf Wobbe
Regionalpolitischer Sprecher für die Vier- und Marschlande der Fraktion GRÜNE in der Bezirksversammlung Bergedorf

Rede in der Bezirksversammlung am 23.02.2017
(pdf)

"Werter Herr Vorsitzender, meine Damen, meine Herren,

würde es das Bauvorhaben Oberbillwerder nicht geben, dann hätten wir heute Abend nicht den Tagesordnungspunkt „Wohnungsbauprogramm Bergedorf“. Dann wäre das Wohnungs­bauprogramm schon längst verabschiedet, auch mit den langfristigen Potenzialflächen in den Vier- und Marschlanden. Nun gibt es aber Oberbillwerder und dadurch ist eine neue Situation entstanden. Oberbillwerder ist Bestandteil des Flächennutzungsplans (FNP) und der ist nun mal Rechtsgrundlage. Unser Koalitionspartner in Hamburg ist für das Ressort Stadtentwick­lung zuständig. Der Schwerpunkt der Aufgaben der Behörde für Stadtentwicklung liegt darin, Hamburg als Stadt der Zukunft weiterzuentwickeln und sich dabei von den Maximen qualita­tiven Wachstums leiten zu lassen.

Das innerstädtische Wachstum und die Möglichkeit, den Bedarf an Wohnungen dort zu befriedigen, sind wohl an ihre Grenzen gekommen. Wenn im städtischen Bereich keine Bauflächen mehr zur Verfügung stehen, sucht man sich Flächen auf dem Land, die im FNP bereits als Bauflächen ausgewiesen sind.

So ist es geschehen und so ist man auf Oberbillwerder gekommen. Das hat uns Grüne total überrascht und in eine Zwangslage gebracht. Es ist nicht unsere Philosophie, auf der grünen Wiese zu bauen. Aber einen festgestellten FNP können wir Grüne auch nicht ohne weiteres revidieren, dazu haben wir nicht die Macht und auf Bezirksebene auch nicht die Zuständig­keit. Der FNP ist 1973 aufgestellt worden und ist 1997 noch einmal umfassend novelliert worden. Zu keinem der beiden Zeitpunkte waren die Grünen an der Regierung beteiligt, zu jedem Zeitpunkt seit 1997 bis heute gab es SPD- oder CDU-geführte Landesregierungen in Hamburg.

Man hat genügend Zeit und Gelegenheit gehabt in den jeweiligen Regierungszeiten, den FNP zu Gunsten von Oberbillwerder zu novellieren. Man hat es nicht getan, ob nun bewusst oder unbewusst, darüber erlaube ich mir kein Urteil.

Uns Grünen kann man deshalb nicht den Bau von Oberbillwerder vorwerfen, sondern ledig­lich, dass wir im Gegenzug den Wohnungsbaudruck aus den Vier- und Marschlanden nehmen mit der Streichung von langfristigen Potenzialflächen – zugunsten von Oberbill­werder.

Oberbillwerder und Potenzialflächen halten wir für nicht verträglich, der Aderlass an Kultur­landschaftsfläche ist einfach zu hoch. 120 ha in Oberbillwerder und 40 ha in den Vier- und Marschlanden, das verträgt die Landwirtschaft bald nicht mehr. Das sind nicht allein die Bauflächen, sondern auch die Ausgleichsflächen, die der intensiven Landwirtschaft verloren gehen. Die Landwirtschaft ist Bestandteil von Ökonomie, Ökologie und Nachhaltigkeit und ist ein ganz wichtiger Teil der Hamburger Wirtschaftspolitik. Es gibt nicht umsonst das Agrar­politische Konzept 2020, um Landwirten die betriebliche Existenz zu gewährleisten. Letzte Woche konnte man in der BZ auf der Titelseite nachlesen: „Flächenfraß: Bauern sehen schwarz“ Ich zitiere aus der BZ: „Den Bauern gehen jedoch nicht nur diese potenziellen Bauflächen verloren, sondern auch die Flächen, die die Stadt für den Ausgleich von Groß­projekten und die Versiegelung von Flächen ausweisen muss. Der Flächenfraß kostet Bauern ihre Existenz, sagt Milchbauer Jan-Hendrik Langeloh aus Reitbrook.“ Gerade die Landwirtschaft sorgt für unser tägliches Brot, das man nicht hoch genug bewerten kann. Gesunde Ernährung mit regionalen Produkten müsste doch einen sehr hohen Stellenwert einnehmen. Ich freue mich immer noch über Produkte aus der Region für die Region. Auch der Bauernpräsident begrüßt unsere Entscheidung.

Mit der Streichung von langfristigen Potenzialflächen haben wir es uns nicht leicht gemacht, wir haben verantwortungsvoll im Einvernehmen mit der SPD diese Entscheidung getroffen. Uns liegt sehr am Herzen, besonders mir als Vierländer, diese schöne Kulturlandschaft zu erhalten und zu schützen, alles andere sind bösartige Unterstellungen. Man kann nur etwas schützen, was man liebt. Übrigens ein Zitat des früheren Bezirksamtsleiters Dr. Krupp.

Kurzfristige, notwendige und im Verfahren befindliche Potenzialflächen sind im Wohnungs­bauprogramm geblieben. Bereits jetzt befinden sich etwa 140 Wohneinheiten im Bau. Weite­re 150 sind allein durch Innenverdichtung und Lückenschlüsse und damit ohne die Auswei­sung neuer Flächen möglich. Damit gefährden wir nicht die Wohnungsbauentwicklung in den Vier- und Marschlanden und auch nicht das Ergebnis der Stadtwerkstatt Ochsenwerder, wie uns gerne unterstellt wird. Der Großteil der gestrichenen Flächen wäre dagegen erst in vie­len Jahren realisierbar.

Die Stadtwerkstatt Ochsenwerder hat aus Anlass des Wohnungsbauprogramms und unter der Maßgabe stattgefunden, Flächen für den Wohnungsbau bereitzustellen. Ausgangspunkt war keineswegs die Dorfentwicklung. Das Verfahren selbst war keine durchweg offene Bürgerbeteiligung, sondern hat an 3 von 5 Terminen als geschlossener Arbeitskreis stattge­funden. Das Ergebnis ist also keineswegs ein umfassendes Abbild des lokalen Meinungs­spektrums und es gibt erst recht keinen lokalen Konsens wider.

Es ist ein Wunschbild zu glauben, der auf der Stadtwerkstatt versprochene Nahversorger käme, würde man nur das Wohnungsbauprogramm lassen, wie es ist. Der ursprünglich ins Auge gefasste Zubau in Ochsenwerder würde sich weit über zwanzig Jahre hinziehen. Bereits die Realisierung der ersten Projekte ist weit hinter dem Zeitplan zurückgeblieben, und die Realisierung von C-Flächen ist ihrem Wesen nach mit zahlreichen Unwägbarkeiten behaftet. Wenn man davon ausgeht, dass eine deutlich Steigerung der Einwohnerzahl notwendig ist, um den Standort für einen Nahversorger attraktiv zu machen, wäre mit einer Ansiedlung also erst in ferner Zukunft zu rechnen. Es gibt konkrete Interessenten für einen Einzelhandel auch ohne den Zubau von Wohnungen. Der Betreiber des EDEKA-Marktes in Fünfhausen hat ebenfalls Interesse bekundet.

Dieses sollte man auf keinen Fall gefährden. Aber auch an Oberbillwerder möchten wir Grüne mitwirken und gestalten, deshalb brauchen wir die Planungshoheit hier in Bergedorf, sonst wären wir Statisten, wenn der Hamburger Senat von seinem Evokationsrecht Gebrauch macht. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ein ökologisch verträgliches Quartier entsteht, möglichst mit autoarmen Verkehr, und dass alle angrenzenden Grünflächen als Schutzraum für die Natur und als Erholungsraum für die Menschen gesichert werden.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag der Drucksache 930.04 mit folgen­der Änderung:

A 4_8 Ortskern Ochsenwerder, Butterberg im Wohnungsbauprogramm als Potentialfläche Kategorie A zu belassen zwecks eines Einzelhandels

Alle weiteren Flächen bleiben als Streichung im Wohnungsbauprogramm

Danke"

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Wie gelingt die Mobilitätswende in Bergedorf?

Auf dem Podium in der LOLA Bergedorf: Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende in Hamburg; Pia Scherhaufer, GRÜNE Kandidatin für die Bezirksversammlung Bergedorf und Fabio Detmer, Sprecher der AG Mobilität und Verkehr Bergedorf und GRÜNER Kandidat für die Bezirksversammlung Bergedorf

Am 4.April 2024 um 18.30 Uhr im LOLA Kulturzentrum, Lohbrügger Landstrasse 8, 21031 Hamburg

 

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Jenny Jasberg

ist für uns 2020 in die Hamburgische Bürgerschaft eingezogen. Für Fragen und Anregungen aus dem Wahlkreis ist sie gerne zu erreichen unter jennifer.jasberg@remove-this.gruene-fraktion-hamburg.de

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