Landespolitik:Ärger um Söders Sonderbeauftragte

  • Fünf neue Beauftragte hat der Ministerpräsident in seiner kurzen Amtszeit schon ernannt.
  • Selbst in der eigenen Partei wird bereits über eine "Nebenregierung" gelästert. Kritik regt sich an Kosten und Privilegien.
  • Die Grünen-Abgeordnete Gote wollte wissen, wie die Staatsregierung die Aufgabe der Beauftragten definiert.
  • Auf die Antwort hat sie lange gewartet - und hätte sich mehr Informationen erwünscht.

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Sie hat gewartet und gewartet. Sie hat nachgehakt und die Staatskanzlei mit ihrer Hartnäckigkeit gehörig genervt. Als die Antwort auf ihre Anfrage mit fast dreiwöchiger Verspätung dann endlich eintraf, hat sich der Ärger aber schnell gedreht. Ulrike Gote dachte nur: "Eine riesige Frechheit." Wieder mal geht es um die Beauftragten der Staatsregierung.

Gote, Abgeordnete der Grünen und Vizepräsidentin des Landtags, hatte sich nicht viel Zeit gelassen. Schon am 26. März schickte sie ihre Anfrage an die Staatskanzlei. Sie wollte wissen, was es nun genau auf sich habe mit den vielen Beauftragten, die der neue Ministerpräsident Markus Söder erst fünf Tage vorher zusätzlich zu seinem Kabinett berufen hatte. Drei Beauftragte hatte es unter seinem Vorgänger Horst Seehofer gegeben - für Integration, Bürokratieabbau, für Patienten und Pflege. Unter Söder kamen schlagartig weitere vier hinzu: für Bürgeranliegen, für Ehrenamt, für staatliche Beteiligungen sowie Aussiedler und Vertriebene - und jetzt ein fünfter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus. Alle stammen aus der CSU-Fraktion.

Selbst in der eigenen Partei wird bereits über eine "Nebenregierung" gelästert, es regt sich Kritik an Kosten und Privilegien. Staatskanzleichef Florian Herrmann verteidigt Söders Personalpolitik: Man wolle die Regierungsarbeit durch externen Sachverstand bereichern. Die Bevölkerung profitiere doch von den "Kümmerern, die nahe bei den Menschen sind" - darauf komme es an. Die CSU, die Söder derzeit bereitwillig überallhin folgt, nimmt das so hin. Die Opposition nicht. Der Ärger über die Beauftragten wächst, und die Antwort auf Gotes Anfrage wird ihn nicht eindämmen.

Die Freien Wähler haben bereits Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof angekündigt. Sie werfen Söder vor, er höhle die Gewaltenteilung systematisch aus. Die Beauftragten seien keine freien Abgeordneten mehr, sondern "Abhängige von Söders Gnaden", wie Generalsekretär Michael Piazolo kritisierte. Die Grünen wittern Spezlwirtschaft, "offensichtlich wurden hier treue Weggefährten mit Pöstchen versorgt", schimpfte Gote. Deshalb wollte sie wissen, wie die Staatsregierung die Aufgabe der Beauftragten definiert. 22 Fragen sandte sie an die Staatskanzlei: zu Anzahl der Mitarbeiter, Verhaltenskodex, Budget, Ausstattung. Die Antwort fällt aus Gotes Sicht unzureichend aus. Sie sagt: "Es wird ganz klar versucht, der Öffentlichkeit umfassende Informationen vorzuenthalten."

Tatsächlich gibt sich die Staatskanzlei bei den neuen Beauftragten mitunter reserviert, insbesondere bei den Kosten. Ihre Standardantwort: "Die Ausstattung an Personal- und Sachmitteln wird im zweiten Nachtragshaushalt festgelegt." Summen werden nicht genannt. Die Regierung wolle dem Landtag nicht vorgreifen, begründet Staatskanzleichef Herrmann, der Haushalt sei ein Hoheitsrecht des Parlaments.

Kritik an der "Nebenregierung"

"Dreist" findet Gote diese Auskunft. Alle Beauftragten träten längst öffentlich auf, da dürfe man erfahren, zu welchen Kondition sie das tun - zumal der Nachtragshaushalt bereits fertiggestellt ist. Am Freitag sollte er dem Landtag zugeleitet werden. "Man hätte ja einen Vermerk machen können, dass über die Zahlen dann noch abgestimmt werden muss", sagt Gote. Dass so gemauert werde, dahinter vermutet sie "eine politische Entscheidung von der Spitze der Staatskanzlei". Herrmann kontert mit "Wahlkampfgetöse der Grünen".

Anhaltspunkte über Kosten liefern zumindest die vorhandenen Strukturen. Der Pflegebeauftragte etwa verfügt laut Staatskanzlei über sechs Mitarbeiter, sieben Büroräume sowie Haushaltsmittel von jährlich 72 400 Euro. Bei Bürokratieabbau und Integration sind es weniger Mitarbeiter, dafür aber jeweils 120 000 Euro. Für die neuen Beauftragten gelte: "Einschließlich der Geschäftsstelle stehen jeweils vier Büroräume zur Verfügung." Die Anfrage, betont Herrmann, sei "wie immer umfassend und vollständig beantwortet" worden.

Inhalt und Form der Antworten missfallen

Gote wiederum hat "den Eindruck, man will hier verschleiern". Denn wie hoch etwa die Aufwandsentschädigung für Beauftragte ausfällt, wird in der Antwort nicht erwähnt, obwohl die Summe ein offenes Geheimnis ist. 3000 Euro im Monat erhält jeder Beauftragte bislang, dabei werde es wohl bleiben, sagte Herrmann der SZ. Offen blieb auch Gotes Frage, ob die Beauftragten Dienstwagen und Fahrer gestellt bekommen - oder ob sie den Fahrdienst der Regierung nutzen. Darüber sei man in der Abstimmung, sagt Herrmann.

Aber nicht nur der Inhalt, auch die Form der Antwort missfällt Gote. 19 der 22 Fragen wurden gemeinsam beantwortet, "da fehlt immer etwas, aber das ist mittlerweile leider der Normalfall". Und obwohl sie keiner Fristverlängerung zugestimmt hat, ließ die Auskunft der Staatskanzlei fast drei Wochen zu lange auf sich warten. Herrmann indes ärgert sich, dass Gote die erbetene Verlängerung abgelehnt und immer wieder nachgesetzt hat. "Man spürt die Absicht und ist verstimmt", sagt er frei nach Goethe. Gote wird prosaisch weitermachen, Ruhe geben will sie jedenfalls nicht. Ihr nächstes Schreiben, sagt sie, werde eine Beschwerde beim Ministerpräsidenten sein.

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