Bürobrauerei statt Kulturbrauerei?
Lokalpolitiker sehen Fortbestand gefährdet und fordern Ankauf des Areals vom Land Berlin

Die Kulturbrauerei ist Heimat vieler Kulturschaffender. Den Berlinern gehört sie allerdings schon lange nicht mehr.  | Foto: Foto: Ulrike Kiefert
  • Die Kulturbrauerei ist Heimat vieler Kulturschaffender. Den Berlinern gehört sie allerdings schon lange nicht mehr.
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Die Kulturbrauerei ist die wohl bekannteste Eventlocation in Prenzlauer Berg. Neben Konzerten und Kino bietet sie Theater, ein Museum und Bildungsmöglichkeiten. Doch aus der Kulturbrauerei könnte bald eine Bürobrauerei werden, befürchten Lokalpolitiker.

Die Kulturbrauerei ist mit ihren sechs Höfen und den imposanten Gebäuden aus rotem Backstein nicht nur ein Industrie- und Architekturdenkmal. Sie ist auch Eventlocation und Heimat zahlreicher Kultureinrichtungen. Dass es dabei nicht bleiben könnte, befürchten jetzt Bezirksverordnete. „Die Kulturangebote und das Kino sind akut gefährdet, nicht so sehr wegen Corona, sondern weil die Bundesregierung sie vor neun Jahren an einen Finanzinvestor verscherbelt hat“, beklagen die Grünen. „Der erhöht jetzt massiv die Mieten und verklagt das Kino wegen Mietschulden.“

Die Fraktion hat darum in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beantragt, das Areal zwischen Schönhauser Allee, Sredzki- und Knaackstraße vom Land Berlin ankaufen zu lassen, um den Kultur- und Kinobetrieb dauerhaft zu sichern. Sonst drohe dort akut die Umwandlung von Kultur- in Büroflächen, begründen die Grünen ihren Antrag. Alternativ zum Kauf sollte das Land die kulturelle Nutzung zumindest rechtssicher festschreiben. „Es ist Irrsinn, dass die Kulturbrauerei überhaupt verkauft wurde,“ sagt Fraktionsvorsitzende Cordelia Koch. „Die Brauerei ist mit viel öffentlichem Geld saniert worden, um einen Kulturort zu schaffen. Aber auch Initiativen, Kunstschaffende und Anwohner haben ihre Arbeit investiert. Darum gehört die Kulturbrauerei in die öffentliche Hand.“ Die Linksfraktion unterstützte den Antrag formal. Auch andere Fraktionen schlossen sich an, wollten laut Grünen aber kleine Änderungen. Der Antrag wurde am Ende mit großer Mehrheit in den Ausschuss für Stadtentwicklung überwiesen.

Der Bund hatte 2012 die Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) an einen texanischen Finanzinvestor verkauft. Das Unternehmen ist auf notleidende Kredite und Sanierungsfälle spezialisiert. Teil des TLG-Pakets war die Kulturbrauerei, die allerdings weder notleidend noch ein Sanierungsfall war. Im Gegenteil: Sie war erst Ende der 1990er-Jahre mit enormen Summen saniert worden. Beim Verkauf war für die Mietverträge eine zehnjährige Bestandsgarantie bis Ende 2021 vereinbart worden mit der Option auf Verlängerung bis 2026. „Doch weder im Grundbuch noch im Bebauungsplan wurde festgeschrieben, dass die Immobilie auch weiterhin kulturell genutzt werden müsse“, so die Grünen. Nun sehe es so aus, als wolle der Eigentümer die Kultur loswerden. So sollen einigen Mietern bereits neue Verträge vorgelegt worden sein, mit denen sie nun mehr als das Doppelte zahlen müssten. „Sobald die Corona-Hilfen wegfallen, werden sie dort wohl ausziehen müssen. Den Betreiber des Kinos hat der Eigentümer verklagt wegen Mietrückständen, die in der Pandemie entstanden sind“, haben die Grünen erfahren. „Das ist in einer Pandemie extrem unsolidarisch“, kommentiert Koch. „Tatsächlich haben sich die meisten Vermieter an Kulturstätten in Berlin anders verhalten und zumindest die Miete gestundet. Bezirk und Land müssen hier dem Eigentümer sehr deutlich machen, was die politischen Interessen sind.“

Für den Fall, dass ein Ankauf nicht möglich ist, wollen die Grünen prüfen lassen, ob ein nachträglicher Eintrag der kulturellen Nutzung etwa im Grundbuch oder im Bebauungsplan machbar ist. „Wir haben mit Juristen gesprochen, die denken, das könne nachgeholt werden“, so Koch. Denn in der Präambel zur Vereinbarung zwischen TLG und dem Land Berlin von 1998 sei die kulturelle Nutzung festgeschrieben. „Es muss geprüft werden, ob diese Vereinbarung weiterhin rechtsgültig ist.“

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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