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Debatte über »Letzte Generation« Ampelpolitiker lehnen verschärftes Strafrecht für Klimaaktivisten ab

Die Union fordert härtere Strafen für Klimaaktivisten – und spricht mit markigen Worten von Inhaftierungen. Bei Vertretern von Grünen, FDP und SPD regt sich Widerstand.
Protest von Aktivistinnen und Aktivisten der »Letzten Generation« (am 11. Oktober in Berlin)

Protest von Aktivistinnen und Aktivisten der »Letzten Generation« (am 11. Oktober in Berlin)

Foto: Christian Mang / REUTERS

Vertreter der Ampelkoalition haben sich gegen Forderungen der Union nach einer Verschärfung des Strafrechts für Klimaaktivisten gewandt. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem »Tagesspiegel«, die »immer weiter fortschreitende Radikalisierung von Teilen der Klimabewegung« bereite ihm »große Sorgen«. Doch stünden bereits genügend rechtliche Instrumente zur Verfügung, »wenn die Grenzen des friedlichen Protests überschritten werden«.

Ähnlich äußerte sich die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede. Sie befürchte eine »weitere Radikalisierung« der Aktivisten, sagte sie derselben Zeitung . Doch biete das Strafrecht bereits zahlreiche Möglichkeiten, um dagegen vorzugehen. Die Forderung der Union nach strafrechtlichen Verschärfungen nannte sie »populistisch«: Man brauche den »populistischen Ruf nach strafrechtlichen Verschärfungen seitens der Union« nicht. Dies helfe weder den Ermittlungsbehörden, noch verhindere es weitere Straftaten.

Die »Bild am Sonntag« (»BamS«) hatte berichtet, dass die Unionsfraktion im Bundestag einen Antrag für härtere Strafen einbringen will. Aktivisten, die etwa Straßen blockieren oder die Durchfahrt von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten behindern, soll demnach künftig eine Mindestfreiheitsstrafe drohen. Auch für die Beschädigung oder Zerstörung von Kulturgütern fordert die Union demnach eine Mindestfreiheitsstrafe statt Geldstrafen.

Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte der Zeitung: »Klimaprotest darf kein Freibrief für Straftaten sein.« Und: »Es braucht deutlich härtere Strafen für Klimachaoten, um einer weiteren Radikalisierung in Teilen dieser Klimabewegung entgegenzuwirken und Nachahmer abzuschrecken.«

Auch CSU-Chef Markus Söder forderte härtere Strafen für Aktivisten der »Letzten Generation« – in besonders schweren Fällen bis hin zu Haftstrafen. »Ich habe kein Verständnis, wenn Menschenleben gefährdet werden, ich habe kein Verständnis dafür, wenn Sachbeschädigung stattfindet. Und ich denke, der Staat muss hier auch eine klare Kante zeigen.« Es müsse »ganz klar« Strafen geben, »und zwar Strafen, die wirksam sind: nicht leichte Geldstrafen, sondern auch mal tatsächlich beispielsweise einen Arrest oder eine entsprechende Haftstrafe, wenn es dann um besonders schwere Fälle geht«, sagte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag in München.

»Dobrindts Vorschlag ist dumm und gefährlich«

Bei den Grünen kamen die Aussagen von Dobrindt nicht gut an. Der verkehrspolitische Sprecher der Partei, Stefan Gelbhaar, sagte dem »Tagesspiegel«, Dobrindts Vorschlag sei »dumm und gefährlich«. Das Versammlungsgesetz sehe bereits »empfindliche Freiheitsstrafen für unangemeldete Demonstrationen« vor. »Anscheinend ist noch nicht mal die Rechtslage bei der Union bekannt.«

Der Auslöser der aktuellen Debatte ist der Fall einer verstorbenen Radfahrerin in Berlin. Sie wurde am vergangenen Montag von einem Lastwagen erfasst und überrollt. Ein Spezialfahrzeug, das helfen sollte, die Verletzte unter dem Lastwagen zu befreien, stand nach Angaben der Feuerwehr in einem Stau auf der Stadtautobahn. Dieser soll durch eine Aktion der »Letzten Generation« ausgelöst worden sein.

Die »Süddeutsche Zeitung« berichtete jedoch unter Berufung auf einen Einsatz-Vermerk, dass es nach Einschätzung der behandelnden Notärztin  keine Auswirkungen auf die Rettung der verletzten Frau hatte, dass der Wagen nicht zur Verfügung stand. Die Radfahrerin starb nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag an ihren schweren Verletzungen.

aar/AFP/dpa