Infrastruktur:Streit über Straßenbau schlägt hohe Wellen

Infrastruktur: Alles soll schneller gehen: Der Bau von Schienen, Wasserstraßen, Radwegen, Brücken - und eben auch von Straßen.

Alles soll schneller gehen: Der Bau von Schienen, Wasserstraßen, Radwegen, Brücken - und eben auch von Straßen.

(Foto: Julian Stratenschulte/DPA)

Die FDP kämpft verstärkt für ihr Gesetz, das den Bau von Schienen und Wasserwegen beschleunigen soll - und den von Straßen. Die Grünen fürchten um die Priorität des Klimaschutzes. Der Ton der Kontroverse wird schärfer.

Von Markus Balser, Michael Bauchmüller und Henrike Roßbach, Berlin

In der Koalition bahnt sich ein Streit um den beschleunigten Neubau von Straßen an. "Wir müssen nicht nur unsere Schienen-, sondern auch die Straßeninfrastruktur schnell ertüchtigen und erweitern", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag in Berlin. Zuvor hatte das Präsidium seiner Partei einen entsprechenden Beschluss gefasst. Darin heißt es: "Nur mit einem leistungsfähigen Straßen-, Schienen-, Wasserstraßen- und Radwegenetz können wir Investitionen schnell auf die Strecke bringen und den individuellen Mobilitätsbedürfnissen in der Gesellschaft gerecht werden."

Ziel sei es, die Planungs- und Genehmigungsdauer "für alle Verkehrsträger mindestens zu halbieren", so Djir-Sarai. Der FDP-Beschluss verweist auf das Bundesamt für Güterverkehr, das für 2024 eine Zunahme des Transportaufkommens auf der Straße vorausgesagt hatte. Das zeige, dass die Straße auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werde.

"Befremdlich" versus "nicht nachvollziehbar" - die Kontroverse läuft

Das Präsidium stärkt damit FDP-Verkehrsminister Volker Wissing den Rücken: Der möchte mit einem Infrastruktur-Beschleunigungsgesetz Straßen ähnlich schnell bauen, wie es dem Bund gerade mit neuen Terminals für Flüssigerdgas gelingt. Um rasch Ersatz für russisches Gas zu bekommen, wurden die Verfahren beschleunigt, wo es nur ging. Der Entwurf sieht nun auch den schnelleren Bau von Schienen, Wasserstraßen, Radwegen, Brücken und eben Straßen vor.

Doch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will davon nichts wissen. Sie hat zwar nichts gegen beschleunigte Verfahren - aber nur dort, wo das dem Klimaschutz dient. Auch befürchtet sie, dass die Planungsbehörden endgültig überlastet wären, würde auch noch dem Straßenbau Priorität eingeräumt. Wer alles beschleunige, beschleunige am Ende nichts, so die Argumentation. FDP-Generalsekretär Djir-Sarai dagegen hält es für "zumindest befremdlich", dass "einige zwischen guter Infrastruktur und schlechter Infrastruktur" unterschieden.

Lemke wiederum nannte am Montag den Beschluss des FDP-Präsidiums "nicht nachvollziehbar". Versuche, in Gesprächen mit Wissing zu Kompromissen zu kommen, würden so unnötig erschwert, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. "Es ist völlig unstrittig, dass die Reparatur und der Ersatz von Brücken schneller vonstatten gehen muss. Aber das ist etwas ganz anderes als der Autobahn-Neubau."

Es heißt, der Kanzler habe sich auf die FDP-Seite geschlagen

Eine Erklärung des Kabinetts vom Juni, die der SZ vorliegt, könnte Lemkes Position stützen. Damals schränkten die Minister den Kreis möglicher Vorhaben ein: Im Zentrum sollten Projekte stehen, die der Transformation zur Klimaneutralität dienten, "sowie Investitionen in den Erhalt oder den Ersatzneubau von Schienen, Brücken und Straßen". Vom Neubau von Straßen war nicht die Rede.

Im Bundestag schlägt der Streit hohe Wellen. "Klima- und Umweltschutzstandards haben gute Gründe", sagt Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Ausnahmen für klimaschädliche Verkehrsinfrastruktur seien "unlogisch." Vor allem bestehende Infrastruktur müsse erhalten und Brücken schneller saniert werden. Aus Regierungskreisen hieß es allerdings, Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe sich auf die Seite der FDP geschlagen. An diesem Dienstag treffen sich die zerstrittenen Minister im Kanzleramt zu einem Gespräch.

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