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»Ich schicke Ihnen gerne eine Grafik« Hamburger CDU-Chef Ploß irritiert mit Aussage über E-Fuels

Christoph Ploß ist vor allem bekannt für seinen Kampf gegen das Gendern. Jetzt sorgt er mit einem Auftritt im Bundestag zum Thema E-Fuels für Aufsehen. Sein Versuch, die Situation im Nachhinein zu retten, macht es nicht besser.
Christoph Ploß, CDU-Bundestagsabgenordneter: »Jetzt fehlt mir die Redezeit«

Christoph Ploß, CDU-Bundestagsabgenordneter: »Jetzt fehlt mir die Redezeit«

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Daniel Reinhardt / dpa

Christoph Ploß ist der Jungstar der Hamburger CDU: Mit seinen gerade mal 37 Jahren führt er den Landesverband an, bereits seit 2017 sitzt er im Bundestag. Deutschlandweit bekannt wurde Ploß durch seinen energischen Kampf gegen das Gendern. So forderte er 2021 in einem SPIEGEL-Interview ein Genderverbot für staatliche Einrichtungen , derzeit unterstützt er eine Hamburger Volksinitiative, die das Gendern in Behörden abschaffen will . In anderen Politikfeldern hat er bislang wenig bundesweite Bekanntheit erlangt.

Das ändert sich vielleicht gerade.

Grund dafür ist ein Auftritt von Ploß im Bundestag zum Tagesordnungspunkt »bezahlbare und klimafreundliche Mobilität«. Der CDU-Politiker hielt seine Rede zum Thema bereits am 3. März , einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde sie über eine Veröffentlichung auf Twitter  aber erst an diesem Wochenende. Es ging darin unter anderem um E-Fuels – unter dem Begriff werden Kraftstoffe gesammelt, die nicht aus Erdöl gewonnen werden, sondern mithilfe von Strom aus Wasserstoff und Kohlendioxid. Sie sind ein Lieblingsprojekt von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP)  und seiner Partei, derzeit werden sie aber nur in kleinem Maßstab produziert, für den Massenverkehr sind sie nicht erhältlich .

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Christoph Ploß scheint das nicht zu wissen. In seiner Rede sagt er mit Blick auf eine anstehende Gesetzesänderung, »dass E-Fuels, dass klimaneutrale Kraftstoffe, dass E-Diesel« in Zukunft an Tankstellen vertrieben werden könnten: »Wir sind eines der letzten Länder in der Europäischen Union, in denen das nicht möglich ist«.

Nach Ploß' kurzer Rede schaltet sich der Grünen-Abgeordnete Stefan Gelbhaar ein. Er habe nur eine ganz kurze Frage, sagt Gelbhaar. »Können Sie mir sagen, in welchen Ländern denn tatsächlich E-Fuels getankt werden?«

Man sieht Ploß auf dem Video an, wie sehr ihn diese Aussage trifft. Er sucht nach Worten. Gelbhaar solle in die europäischen Nachbarstaaten gucken, sagt Ploß und ringt sich dann zu der Aussage durch: »Jetzt fehlt mir die Redezeit, die alle aufzuführen.«

Anschließend redet er noch eine Minute und 20 Sekunden weiter, etwa über die Abwahl der Grünen in Berlin, über Verkehrsminister Wissing, der »genug Fehler gemacht« habe und über »Technologieoffenheit«. Die Staaten, in denen man angeblich E-Fuels tanken kann, nennt er nicht. Was er verspricht: »Ich schicke Ihnen gerne eine Grafik.«

Das hat er getan.

Allerdings nicht am 3. März oder am 4. – sondern erst an diesem Wochenende. Also dann, als seine Rede auf Twitter schon weite Kreise zog. »Ein Servicetweet für Stefan Gelbhaar und die Grünen« schreibt Ploß über die Grafik, die er bei Twitter postet . Er leitet ein Posting mit einer Karte Mitteleuropas weiter, man sieht darauf eine Vielzahl an roten und blauen Tankstellensymbolen.

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Das Problem: Die Grafik zeigt keine E-Fuel-Tankstellen. So steht es sogar in der Beschreibung des von Ploß weitergeleiteten Tweets: Es handele sich um eine EU-Karte, »wo heute bereits synthetische biogene KS (HVO) getankt werden können«. HVO-Kraftstoffe werden, anders als E-Fuels, aus erneuerbaren, vorwiegend pflanzlichen Rohstoffen gewonnen  – dazu können etwa Speisefette gehören. Man kann diese in einigen Ländern Europas bereits tanken – und genau das zeigt die Karte an.

»Für den CO2-neutralen Verbrennungsmotor, gegen grüne Ideologie«

Und noch eine Information gibt der Originaltweet her: Weltweit würden derzeit E-Fuel-Fabriken im Industriemaßstab gebaut, steht dort. »Noch gibt es keine Mengen u(nd) zudem gibt es in EU noch keine passenden Zulassungskriterien.«

Christoph Ploß wird also im Bundestag gefragt, wo derzeit E-Fuels tanken kann, er verspricht eine Grafik als Beleg – und postet dann eine Grafik, über der steht, dass man derzeit in der EU keine E-Fuels tanken kann. Er schreibt aber nicht über seinen Tweet, dass es sich um die von Stefan Gelbhaar erbetene Antwort handelt – sondern um einen »Servicetweet«. Ganz so, als sei es nie um E-Fuels gegangen, sondern nur allgemein über klimaneutrale Kraftstoffe.

Ploß zeigt sich sowohl verärgert über die Grünen als auch über die Berichterstattung: »Es ist erschreckend, welche Schmutzkampagnen die Grünen und ihnen nahestehende Lobbyverbände lostreten, wenn ihre ideologischen Glaubenssätze bedroht sind – und dass auch einige Medienvertreter diese völlig unkritisch übernehmen«, so der CDU-Politiker zum SPIEGEL. Seine Äußerungen seien »keine ›Behauptung‹, sondern zutreffend. Auch die Grafiken sind korrekt und entsprechend kommentiert«.

Am Sonntagabend schrieb Ploß auf Twitter : »Für Soziale Marktwirtschaft, gegen Planwirtschaft! Für den CO2-neutralen Verbrennungsmotor, gegen grüne Ideologie.«

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, Ploß habe behauptet, dass künftig E-Fuels, klimaneutrale Kraftstoffe, E-Diesel an Tankstellen vertrieben werden könnten. Es handelt sich allerdings um eine geplante Gesetzesänderung. Wir haben die entsprechenden Stellen angepasst. Außerdem wurde ein Statement von Ploß eingefügt.

sol