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Stadthalle

Diesmal geben sich die Grünen zahmer

Biberach / Lesedauer: 3 min

Politischer Aschermittwoch ist weniger polemisch - Großes Interesse am Ministerpräsidenten
Veröffentlicht:22.02.2012, 20:20

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Vor deutlich mehr Besuchern als in den Vorjahren, dafür aber nicht ganz so spitzzüngig wie in der Vergangenheit, haben die Grünen ihren politischen Aschermittwoch in der Biberacher Stadthalle bestritten. Viele der rund 900 Gäste waren vor allem wegen „absoluten Weltpremiere“ (Grünen-Landeschef Chris Kühn) gekommen: dem Mann, der seit fast einem Jahr der erste grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs ist.

So brandete denn auch riesiger Beifall auf, als Winfried Kretschmann zusammen mit der Bundes-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und umringt von vielen Fernsehkameras die Halle betrat. Nicht ganz so freundlich hatten ihn davor einige S 21-Gegner begrüßt, die wegen der Umsetzung des Bahnprojekts kritisierten. Mit ihnen, wie auch mit Unlinger Bürgern, die den Bau der Umgehungsstraße forderten, diskutierten Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann vor der Halle, was den Zeitplan etwas durcheinander brachte.

Den Anfang nach Kühns Begrüßung machte Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Bundes-Grünen. Sie zeigte sich angriffslustig und geißelte die Energiepolitik der Bundesregierung . Im Fokus ihrer Kritik stand vor allem die FDP, „die lange vor dem letzten Atomkraftwerk überflüssig ist“, und deren Vorsitzender Philipp Rösler. Ihn bezeichnete sie als „Rumpelstilzchen“ und als „Minister, der täglich vors Stockacher Narrengericht gehört“.

Vize-Fraktionschef Fritz Kuhn war in erster Linie als grüner Kandidat für den Stuttgarter OB-Sessel nach Biberach gekommen, dementsprechend wahlkämpferisch war seine knapp 20-minütige Rede geprägt. Darin spielte logischerweise S 21 die Hauptrolle. Nach der Niederlage bei der Volksabstimmung, die man akzeptieren müsse, gelte es nun, der Bahn „immer wieder auf die Pfoten zu hauen, denn da läuft nicht alles so, wie es sein sollte“.

Ihre 30 Minuten Redezeit nutzte Renate Künast , um die Fehlleistungen der Bundesregierung anzuprangern, die sie als „Schraz“ („schlechteste Regierung aller Zeiten“) bezeichnete. Diese habe ein Problem mit ihrer Werteorientierung und nannte die Beispiele Guttenberg und Wulff. Über letzteren meinte sie: „Besser wäre gewesen, wenn er erzählt hätte, was er alles selbst bezahlt hat. Das wäre schneller gegangen.“ In allen Bereichen blockiere die jetzige Bundesregierung. Deutschland brauche eine neue Art der Bürgerbeteiligung, eine gute Kinderpolitik und gleiche Chancen für Frauen und Männer. An ihre Partei appellierte Künast, Geschlossenheit zu zeigen, um die Bundesregierung 2013 abzulösen.

Danach trat Winfried Kretschmann ans Rednerpult, begleitet von langem Applaus. „Erstaunlich“, fand er das, „i han ja no gar it g’schwätzt“. In seiner knapp 70-minütigen Rede, die im Ton mehr staatsmännisch denn polemisch war, erläuterte er seine „Politik des Gehört-werdens und der Bürgergesellschaft“. Vieles davon hatte er bereits fast wortgleich beim Neujahrsempfang des Landrats vor wenigen Wochen in Aßmannshardt gesagt. Eindringlich warb er auch für die Polizeireform, die mehr Präsenz in die Fläche bringen soll. Es gehe um die gefühlte Sicherheit der Bürger. „Und dabei hören wir nicht in erster Linie auf die Landräte oder wen auch immer, sondern auf die Bürger.“