Hessens Ministerpräsident im Interview: Volker Bouffier fordert Unterstützung für Bundesbank-Chef

BILD: Herr Bouffier, seit drei Jahren hält Griechenland keine Absprachen, will jetzt noch mehr Zeit. Warum gibt niemand zu, dass Griechenland pleite ist?

Volker Bouffier: „Es ist ganz offensichtlich, dass Griechenland allein seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Da darf man nicht drum herum reden. Es geht nur mit Hilfen und die gibt es nur, wenn die Absprachen eingehalten werden.“

BILD: Im Klartext: Wenn die Zahlen nicht stimmen, fliegt Griechenland aus dem Euro?

Bouffier: Vertrauen gegen Vertrauen und Solidarität gepaart mit Solidität. Wenn Griechenland zeigt, dass es sich anstrengt, sollte das belohnt werden. Wenn es sich nicht anstrengt, ist unsere Solidarität zu Ende. Sonst kommen demnächst andere Länder und verlassen sich darauf, dass Deutschland und die EU schon zahlen werden.“

BILD: Bundesbankpräsident Jens Weidmann denkt an Rücktritt. Wird er von der Bundesregierung nicht genügend unterstützt?

Bouffier: Der Bundesbankpräsident muss für seinen konsequenten Kurs in der Euro-Politik die volle Unterstützung der Bundesregierung bekommen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als erste Aufgabe die Geldwert-Stabilität zu sichern. Wir wollen nicht, dass die EZB zu einer neuen Bad-Bank und zum Staatsfinanzierer hoch verschuldeter Euro-Länder wird. Nicht der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB ist das Problem, sondern die Menge und die Qualität der Papiere, und da kämpft Jens Weidmann völlig zu Recht für einen Kurs der Solidität. Dazu brauchen wir ihn auf diesem Posten.“

BILD: Es gibt eine Werbekampagne mit Prominenten für Europa. Überzeugt man so Menschen, die Angst um ihr Geld haben und lieber Glühlampen behalten hätten?

Bouffier: „Es ist immer gut, für Europa zu werben. Europa ist ein Friedens- und Jahrhundertprojekt, das darf man nie vergessen. Europa braucht Herz, vor allem aber auch Verstand, um es noch besser zu machen.“

BILD: Thema Energiewende: Seit der neue Umweltminister Peter Altmaier im Amt ist, wird offen über die Probleme beim Atomausstieg gesprochen. Wurde nach Fukushima ein Jahr  verschenkt?

Bouffier:Peter Altmaier macht seinen Job sehr gut. Ich freue mich, dass nun Realismus in die Debatte eingezogen ist. Im vergangenen Jahr ging es mehr um Emotionen. Die Energiewende ist ein Generationen-Projekt, bei dem Propaganda nicht weiterhilft. Deshalb freue ich mich, dass Peter Altmaier das jetzt angepackt hat.“

BILD: Die Bundesregierung hat sauberen, sicheren und bezahlbaren Strom versprochen. Nun rechnet selbst der Umweltminister mit stark steigenden Strompreisen. Versprochen, gebrochen?

Bouffier: „Wir wollen sicheren Strom, und wir dürfen weder Deutschlands Industrie abwürgen, noch die Menschen auf unbezahlbaren Rechnungen sitzen lassen. Deshalb müssen wir aufhören, Milliarden in Öko-Subventionen zu stecken, die den Strompreis nach oben treiben. Und wir brauchen ein abgestimmtes Konzept um einen Wildwuchs an Erneuerbaren Energien zu verhindern.“

BILD: Stichwort Homo-Ehe: CDU-Staatssekretärin Katherina Reiche hat gesagt, „unsere Zukunft liegt in den Familien und nicht in gleichgeschlechtlichen Paaren“. Dafür ist sie verleumdet und angegriffen worden. Warum hat es aus der Union kaum Rückendeckung gegeben?

Bouffier: „Ich finde es unmöglich, inakzeptabel und intolerant, wie Katherina Reiche da behandelt wurde. Sie hat meine volle Unterstützung und ich denke, auch die der gesamten Union. Niemand soll diskriminiert werden, aber Ehe und Familie sind der zentrale Bestandteil unserer Gesellschaft und werden es auch in Zukunft sein.“

BILD: Unterstützen Sie Ihren Fraktionschef im Hessischen Landtag, Christean Wagner, bei der Gründung eines konservativen „Berliner Kreises“?

Bouffier: „Die Union ist eine christliche, liberale, soziale und konservative Partei. Das wird auch so bleiben. Es kann für einen Konservativen nur eine politische Heimat geben, und das ist die Union! Deshalb müssen wir auch konservative Standpunkte pflegen und uns um die Stammwähler kümmern. Aber wir brauchen dazu keine neue Organisation.“

BILD: Raten Sie Christean Wagner davon ab, den Kreis zu gründen?

Bouffier: „Christean Wagner weiß, dass ich davon nichts halte. Wir brauchen kämpferische Konservative in der Partei, aber keine neuen Kreise oder Gruppen.“

BILD: Hessen will gegen den Länderfinanzausgleich vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Wann kommt die Klage?

Bouffier: „Es kann nicht so bleiben, dass Hessen, Baden-Württemberg und Bayern für den Rest der Republik zahlen. Wir verhandeln über eine neue Regelung. Die Nehmer-Länder sind in der Mehrheit, deshalb ist für mich ganz klar: Entweder wir einigen uns auf einen neuen, fairen Finanzausgleich, oder Anfang nächsten Jahres kommt die Klage in Karlsruhe. Das ist ein Akt politischer Notwehr im Interesse der hessischen Bürgerinnen und Bürger. Die Hessen sind solidarisch, aber wir brauchen ein System, indem nicht der bestraft wird, der sich anstrengt und es keine Konsequenzen gibt für denjenigen, der diese Anstrengung unterlässt.“

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