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Grüne attackiert „Von-der-Leyen-Show“

Politischer Korrespondent
Grünen-Wehrexpertin Agnieszka Brugger (l.) übt harte Kritik an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Grünen-Wehrexpertin Agnieszka Brugger (l.) übt harte Kritik an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU)
Grünen-Wehrexpertin Agnieszka Brugger (l.) übt harte Kritik an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU)
Quelle: pa/ ZB; dpa
Die Verteidigungsministerin hat den UN mehr deutsches Engagement versprochen. Alles nur „heiße Luft“, sagt Grünen-Wehrexpertin Brugger – und stellt die Glaubwürdigkeit von der Leyens infrage.

Meinungsverschiedenheiten zwischen der Bundesministerin der Verteidigung und einer sicherheitspolitischen Sprecherin der Opposition sind in ihrer Funktion angelegt: Ursula von der Leyen (CDU) regiert, Agnieszka Brugger (Grüne) kontrolliert. Das heißt nicht, dass es keine Übereinstimmungen zwischen den beiden Politikerinnen gibt. So sind beide der Auffassung, dass die Bundesrepublik in internationalen Krisenregionen nicht einfach abseits stehen darf. „Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option“ – so drückt von der Leyen das aus. „Wir dürfen uns nicht achselzuckend abwenden“ – so sagt es Brugger.

Beide Verteidigungspolitikerinnen halten zudem eine Beteiligung Deutschlands an Friedensmissionen der Vereinten Nationen für ein sinnvolles Instrument, um sich in diesen Konflikten zu engagieren. Deshalb nahm Brugger den Besuch von der Leyens im Hauptquartier der UN zunächst hoffnungsvoll zur Kenntnis. Am 17. Juni hatte die Ministerin in New York den stellvertretenden UN-Generalsekretär Jan Eliasson getroffen und anschließend verkündet, sie strebe eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Weltorganisation an. Eliasson habe sie gebeten, sagte von der Leyen, den deutschen Beitrag auszubauen – etwa durch die Bereitstellung technologischer „Schlüsselkapazitäten“ wie dem strategischen Lufttransport für Blauhelm-Einsätze.

Die Kontrolleurin in Brugger wurde alarmiert, als sie wenig später erfuhr, dass die Vereinten Nationen den deutschen Lufttransport bei der Mission Minusma in Mali nicht mehr in Anspruch nehmen wollen. Das deutsche UN-Engagement wird also de facto kleiner – obwohl von der Leyen gerade das Gegenteil in Aussicht gestellt hatte. Die Grünen-Obfrau im Verteidigungsausschuss formulierte eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung. Sie wollte wissen, wann der deutschen Regierung von den UN der wegfallende Bedarf mitgeteilt worden war.

„Schöne Reden“ über nicht benötigte Transall-Maschinen?

Nun ging die Antwort in ihrem Büro ein, in der von der Leyens Staatsekretär Ralf Brauksiepe (CDU) schreibt: „Am 6. Juni 2014 erhielt die Ständige Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen eine Verbalnote, mit der das Sekretariat mitteilte, dass nach einer Evaluierung des Kräfteeinsatzes bei der Mission Minusma zunächst voraussichtlich kein Bedarf für den Einsatz der deutschen C-160 Transall mehr bestehe.“

Die UN hätten zunächst noch darum gebeten, die Flugzeuge „bei Bedarf gegebenenfalls kurzfristig erneut zur Verfügung“ zu stellen. Am 19. Juni, also nach der Rückkehr der Ministerin aus New York, habe man von der Abteilung für Friedensmissionen der Vereinten Nationen die endgültige Bestätigung erhalten, dass ein Einsatz der Transalls „nicht mehr erforderlich sein werde“.

Im Grundsatz habe die Regierung die Information über den wegfallenden Bedarf also bereits elf Tage vor der Ministerreise nach New York erhalten, sagte Brugger der „Welt“. Dennoch habe „Ursula von der Leyen bei den Vereinten Nationen schöne Reden über ein stärkeres deutsches Engagement im Rahmen von UN-Friedensmissionen“ geschwungen. Die Schlussfolgerung der Grünen: „Die großen Worte der Verteidigungsministerin vor den Vereinten Nationen über die neue Verantwortung Deutschlands waren also nichts als heiße Luft.“

Grüne äußert Zweifel an von der Leyens Glaubwürdigkeit

Es geht Brugger aber nicht nur um die Selbstinszenierung der CDU-Kollegin auf der großen Weltbühne. Es geht ihr auch um die Glaubwürdigkeit der Ministerin gegenüber dem Parlament. Denn am 25. Juni hatte sich der Bundestag mit der Mali-Mission zu befassen, es ging um die Verlängerung des Mandats der Bundeswehr. Die Parlamentsausschüsse pflegen schon lange vor dieser letzten Lesung über die Mandate für Auslandseinsätze zu beraten.

Dass der Kern der Minusma-Mission, der Lufttransport, nicht mehr gebraucht wird, diese Information habe den Bundestag aber „erst mit erheblicher Verzögerung zum Ende der Mandatsberatung und erst nach der Rückkehr der Ministerin aus New York“ erreicht, kritisiert die Grüne und verlangt: „Es muss geklärt werden, ob diese Information bewusst zurückgehalten wurde, um in New York die Von-der-Leyen-Show nicht zu gefährden. Das wäre mehr als schlechter Stil gegenüber den Abgeordneten.“

In ihrer Rede vor dem Parlament am 25. Juni ruderte die Ministerin bereits zurück. Zwar wünschten sich „die Vereinten Nationen einen stärkeren Beitrag von Deutschland“. Aber richtig sei auch, dass der strategische Lufttransport derzeit in Mali keine Priorität mehr habe: „Jetzt geht es darum, innerhalb des Landes entlegene Regionen zu erreichen. Die C-160 ist dafür nicht so gut geeignet, zumal das Flugzeug Probleme mit der extremen Hitze bekommen könnte.“ Das ist nun wenig überraschend, schließlich stammen die Transalls aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts.

Womöglich hat sich die Ministerin zu weit aus dem Fenster gelehnt

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Wie konnte die Verteidigungsministerin in New York also auf die Idee kommen, die betagten Flugzeuge als technologische „Schlüsselkapazität“ der Bundeswehr zu bezeichnen? Sie erwarte, sagte von der Leyen im Bundestag, dass der Rüstungskonzern Airbus im November endlich den neuen Transportflieger A400M ausliefere, „damit wir uns auch mit modernem Material in die Mission einbringen können“.

Womöglich hat sich die Ministerin damit erneut zu weit aus dem Fenster gelehnt. Schließlich ist Airbus mit der Auslieferung des A400M bereits seit mehreren Jahren in Verzug. Zwar soll die erste von 53 bestellten Maschinen im November tatsächlich an die Bundeswehr übergeben werden – nach Auskunft des Verteidigungsministeriums an die Grünen aus dem vorigen Dezember allerdings nur mit eingeschränkten Fähigkeiten.

Vertragsgemäß ausgestattet wird das Flugzeug danach frühestens Mitte 2015 sein. Die Vereinten Nationen werden also noch etwas auf modernen Lufttransport aus Deutschland warten müssen: Einen Flieger mit minderwertigen Fähigkeiten wird von der Leyen kaum nach Mali schicken wollen. Sonst müsste sie sich noch ganz andere Vorwürfe gefallen lassen als den, gelegentlich „heiße Luft“ zu produzieren.

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