Im Gespräch: Im Gespräch mit Julia Stock

  • Veröffentlicht am: 19. Januar 2023 - 17:28

Der Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters am 9. Januar bot eine einmalige Gelegenheit zum vielfältigen Austausch, so auch mit Mitgliedern des Rates der Stadt. Ich sprach mit Julia Stock, Sprecherin für Verkehrspolitik der Grünen Ratsfraktion, über ihre Sicht auf das neue Jahr. 

 

CDW: Julia, als Kandidatin für die Landtagswahl im letzten Herbst in unserem Wahlkreis bist Du mit dem Stadtbezirk Ricklingen gut vertraut. Welche Entwicklungen und Impulse erwartest Du in diesem Jahr für unsere Stadtteile?

 

JS: Ein wichtiges Thema wird der Südschnellweg bleiben, auch wenn wir als Stadt nicht unmittelbar an Planung und Durchführung beteiligt sind. Aber wir sind davon betroffen, besonders in den südlichen Stadtteilen. Insofern werden wir nicht nachlassen in unseren Bemühungen, auf die Verantwortlichen Einfluss zu nehmen, um eine Sanierung mit möglichst geringen Eingriffen zu erreichen. Den Weg, den Herr Lies als Verkehrsminister eingeschlagen hat, werden wir konstruktiv-kritisch begleiten. Bei der Veloroute 9 versuchen wir Tempo zu machen, damit sie so schnell wie möglich gebaut werden kann. Die Mittel dafür sind vorhanden, anders als für die vielen anderen Radwege, die auch dringend saniert oder verbessert werden müssen. Wo immer möglich, werden wir hier Anforderungen aus dem Stadtbezirk unterstützen. Gegen Ende des Jahres wird die Stadtbahnlinie nach Hemmingen in Betrieb gehen und damit weitere Quartiere im Stadtbezirk erschließen. Aber die Auswirkungen werden so richtig erst im kommenden Jahr zu erkennen sein. 

 

CDW: Sind Veloroute und Stadtbahnverlängerung die einzigen Anzeichen der Mobilitätswende in unserem Stadtbezirk und der ganzen Stadt?

 

JS: Es sind sehr erfreuliche Schritte dazu, aber nicht die einzigen. Ohne eine richtige Mobilitätswende, und das heißt deutlich weniger Kraftfahrzeuge auf den Straßen, werden wir die gesteckten Klimaziele nicht erreichen. Wir werden auch das gesamte Straßenverkehrsnetz überprüfen, um zu verstehen, wo welche Maßnahmen sinnvoll und möglich sind, sobald der Gesetzgeber den Kommunen die dafür erforderlichen Änderungen einräumt. Denn dann werden wir als Stadt Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen festsetzen können, beispielsweise in Straßen mit hohem Aufkommen an Radverkehr, in denen schlicht der Platz für einen Radweg fehlt. 

 

CDW: Da fällt mir sofort die Pfarrstraße in Ricklingen ein. 

 

JS: Ja, und da gibt es sicher noch viel weitere Straßen. Erst wenn der Straßenraum unter allen Verkehrsteilnehmern gerecht geteilt wird – und das heißt: ohne den bestehenden Vorrang für Kraftfahrzeuge – werden mehr Menschen auf das Auto verzichten und auf Bus, Bahn und Fahrrad umsteigen. Derzeit nimmt der ruhende Verkehr gerade auch in Hannovers Randbezirken zu viel Raum in Anspruch. Das führt der einerseits zu Platzmangel und andererseits zu Unübersichtlichkeit. Radrouten helfen nicht, wenn sie unattraktiv sind und sich z.B. durch beidseitig parkende Autogassen schlängeln müssen. Bei der gerechten Flächenverteilung muss der Parkraum bedacht werden. Im Haushalt haben wir im Dezember eine Parkraumbewirtschaftung beschlossen, die im gesamten Stadtgebiet eingesetzt werden kann. In Zusammenhang mit der Nutzung von Carsharing und Mobilitätsstationen ist das eine feine Sache: Weniger Flächenverbrauch bei höherem Mobilitätsangebot und Fahrzeugtypenauswahl für alle. Das Parken ist bei geteilter Mobilität sehr günstig. Wer ein eigenes Auto im Straßenraum abstellen möchte, der sollte entsprechend des Wertes des öffentlichen Raums einen entsprechenden Preis zahlen.

 

CDW: Und dann gibt es auch in unserem Stadtbezirk immer mehr E-Scooter, die ärgerlicherweise wild herumstehen oder -liegen. Wird da etwas passieren? 

 

JS: Ja, auch das muss sich ändern. Unser Ansatz ist unter anderem, für die E-Scooter Abstellplätze festzulegen. Sie sind auch ein schönes Beispiel dafür, dass nicht alles der Mobilitätswende dient, was uns unter diesem Ansatz verkauft wird. Und es zeigt auch, dass wir wirklich alle Aspekte mitdenken müssen, damit die Mobilitätswende gelingt und für alle Menschen funktioniert. 

 

Bei aller Zuversicht, dass uns dies alles gelingen wird, dürfen wir nicht vergessen, dass die Mobilitätswende in unseren Köpfen beginnt, indem wir alle unser Mobilitätsverhalten überdenken. 

 

CDW: Ein tolles Schlusswort! Julia, hab‘ vielen Dank für dieses Gespräch und Dein Engagement für unseren Stadtbezirk.